Schlafstörungen bei MS: Strategien für eine bessere Nachtruhe

Veröffentlicht
Nov 27, 2023
Ein tiefer und erholsamer Schlaf ist für unser Wohlbefinden von entscheidender Bedeutung. Doch für Menschen, die mit Multipler Sklerose (MS) leben, kann das Finden einer ruhigen und erholsamen Nacht eine besondere Herausforderung darstellen. Schlafstörungen sind leider keine Seltenheit und können sich auf verschiedene Weisen manifestieren.
Die Erkrankung kann direkte Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem haben, was zu Schlafstörungen führen kann. Darüber hinaus können auch Begleiterscheinungen wie Schmerzen, Spastiken und Blasenprobleme den Schlaf beeinträchtigen.

Die verschiedenen Arten von Schlafstörungen bei MS

Menschen mit MS können unter verschiedenen Arten von Schlafstörungen leiden. Dazu gehören insbesondere Schwierigkeiten beim Ein- oder Durchschlafen (Insomnie) und unruhige Beine (Restless-Legs-Syndrom).
Insomnie ist eine häufige Form von Schlafstörung bei MS, rund ein Viertel der Betroffenen leiden darunter. Sie haben Schwierigkeiten einzuschlafen oder durchzuschlafen. Dies kann durch Schmerzen, nächtlichen Harndrang, Spasmen oder dem ständigen Gefühl von innerer Unruhe verursacht werden.
Rund 5-20% der Betroffenen leiden unter dem Restless-Legs-Syndrom. Unruhige Beine oder periodische Gliedmaßenbewegungen können den Schlaf beeinträchtigen. Diese unkontrollierten Bewegungen der Beine oder Arme können zu nächtlichen Aufwachphasen führen.

Die verschiedenen Ursachen von Schlafstörungen bei MS

Neurologische Veränderungen

Da MS eine Erkrankung des zentralen Nervensystems ist, bei der das Immunsystem die schützende Hülle um die Nervenfasern (Myelin) angreift, kann zu einer Vielzahl neurologischer Symptome führen. Darunter auch solche, die den Schlaf beeinflussen. Störungen in der Signalübertragung zwischen Gehirn und Körper können zu Schlafproblemen beitragen.

Schmerzen und Unannehmlichkeiten

Menschen mit MS erleben häufig Schmerzen, Muskelkrämpfe oder Spastiken, die besonders nachts intensiver werden können. Diese physischen Unannehmlichkeiten beeinträchtigen nicht nur den Schlaf, sondern können auch das Einschlafen erschweren.

Blasenprobleme

MS kann die Kontrolle über die Blase beeinflussen, was zu nächtlichem Harndrang führen kann. Die Notwendigkeit, mehrmals in der Nacht auf die Toilette zu gehen, kann den Schlafzyklus unterbrechen und zu Schlafstörungen führen.

Depression und Angst

Psychische Störungen, wie Depressionen und Ängste kommen bei Menschen häufiger vor. Diese emotionalen Belastungen können den Schlaf negativ beeinflussen, indem sie das Einschlafen erschweren und zu häufigem Erwachen führen.

Erschöpfung und Fatigue

Menschen mit MS leiden oft unter extremem Erschöpfungszustand, der als Fatigue bezeichnet wird. Paradoxerweise kann diese Erschöpfung dazu führen, dass Betroffene tagsüber mehr schlafen, was wiederum den nächtlichen Schlaf stören kann. Außerdem gibt es Untersuchungen darüber, dass ihre Entstehung durch eine Insomnie gefördert werden kann (sekundäre Fatigue).

Medikamente und Nebenwirkungen

Die Medikamente, die zur Behandlung von MS eingesetzt werden, können ebenfalls Auswirkungen auf den Schlaf haben. Einige Substanzen können beispielsweise Schlaflosigkeit oder Müdigkeit als Nebenwirkung haben, was die Schlafqualität beeinträchtigen kann.
Einige Menschen berichten nach einer Kortison-Stoßtherapie über vorübergehende Schlafprobleme. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Kortison kann den Energielevel erhöhen und zu vermehrter Wachsamkeit führen, was das Einschlafen erschweren kann. Außerdem kann Kortison den circadianen Rhythmus beeinflussen, was zu einer Verschiebung des Schlaf-Wach-Zyklus führen kann. Diese Störung des natürlichen Schlafmusters kann ebenfalls vorübergehend zu Schlafstörungen führen.

Entzündungsprozesse

Entzündungen im Körper, die bei MS eine Rolle spielen, können den Schlafzyklus beeinflussen. Entzündliche Prozesse können das Nervensystem destabilisieren und die Schlafarchitektur stören. Umgekehrt können langanhaltende Schlafstörungen die nächtliche Regeneration beeinträchtigen und zu einer Schädigung der Zellen führen. Dabei kann es zur Ausschüttung von Entzündungsbotenstoffen kommen. Auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle und sogar Krebserkrankungen kann bei dauerhaft unzureichendem Schlaf ansteigen.

Stressbelastung

Die Bewältigung der täglichen Herausforderungen, die mit MS einhergehen, kann zu anhaltendem Stress führen. Dieser Stress wiederum kann den Schlaf beeinträchtigen, indem er das Nervensystem aktiviert und das Einschlafen erschwert. Stress löst eine Aktivierung des sympathischen Nervensystems aus, was zu einem Anstieg von Stresshormonen wie Cortisol führt. Diese erhöhte Aktivität kann den natürlichen Einschlafprozess stören und zu nächtlichem Aufwachen führen. Außerdem bringt Stress oft einen Strom von Gedanken und Sorgen mit sich, die im Kopf kreisen, besonders wenn man versucht zu schlafen. Dieses mentale Unruhepotenzial erschwert das Abschalten und beeinträchtigt die Schlafqualität.

Gesunder Schlaf für ein gesundes Immunsystem

Ein ausreichender Schlaf spielt eine entscheidende Rolle bei der körperlichen und geistigen Regeneration. Während dieser Ruhephase wird das Immunsystem gestärkt, und der Abtransport von Stoffwechselendprodukten wird gefördert. Zudem setzen im Schlaf Wachstums- und Reparaturprozesse ein, wodurch geschädigte Körperstrukturen, beispielsweise die Muskulatur nach sportlichen Aktivitäten, regeneriert und auf ein höheres Leistungsniveau angepasst werden.
Der Schlaf ist auch die Zeit, in der wichtige Hormone wie Melatonin sowie Antioxidantien ihre Arbeit verrichten. Ein erholsamer Schlaf ist somit von essenzieller Bedeutung, um langfristig leistungsfähig zu bleiben.
Die benötigte Schlafdauer variiert je nach individuellen Faktoren wie Alter, Geschlecht und genetischen Komponenten. Schlafexperten empfehlen für Erwachsene durchschnittlich 6-8 Stunden Schlaf pro Nacht.
Gut schlafen und erholt aufwachen klingt einfach, ist es aber leider nicht. Um in den Schlaf zu finden und eine erholsame Nacht zu erleben, kann die Einhaltung einer angemessenen Schlafhygiene unterstützend wirken.

Strategien für eine bessere Nachtruhe

Die Auswirkungen von Schlafproblemen können vielfältig sein und reichen von Erschöpfung bis hin zu einer Verschlechterung der MS-Symptome. Glücklicherweise gibt es Wege, die die Qualität des Schlafes verbessern und damit das allgemeine Wohlbefinden steigern. Eine Schlafhygiene kann zu einer Änderung der Gewohnheiten rund um die Nachtruhe genutzt werden, aber auch zur Vorbeugung von Schlafstörungen.

1. Regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus

Jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett gehen und auch morgens zur gleichen Zeit wieder aufstehen. Die Zeiten sollten nicht mehr als 30 Minuten voneinander abweichen. Dies kann dabei helfen, den natürlichen Schlafzyklus zu stabilisieren und deinen Körper an einen regelmäßigen Schlafplan zu gewöhnen. Findet der Körper wieder in seinen natürlichen Rhythmus, stärkt sich das Gefühl der „inneren Uhr“ und wir wachen morgens von allein auf. Ein so intelligentes System unseres Körpers, mit fein aufeinander abgestimmten Prozessen, die unsere Leistungsfähigkeit über den Tag aufrecht erhalten.

2. Schaffe dir eine entspannende Schlafumgebung

Gestalte deinen Schlafplatz so, dass er ruhig und entspannend ist. Ein Aufgeräumtes und gemütliches Schlafzimmer lädt zu einer ruhigen Nacht ein. Das Bügelbrett und der Korb voll Bügelwäsche sollten also lieber draußen bleiben. Eine gute Matratze, schöne und angenehme Bettwäsche, frische Luft und eine angenehme Raumtemperatur (optimal sind 18 Grad) sorgen für einen erholsamen Schlaf.

3. Körperliche Aktivität – nur nicht zu spät

Regelmäßige körperliche Aktivität kann nicht nur die allgemeine Gesundheit verbessern, sondern auch den Schlaf fördern. Dazu reicht schon am Mittag ein kleiner Spaziergang an der frischen Luft. Allerdings ist eine hohe körperliche Belastung kurz vor dem Schlafengehen eher kontraproduktiv.

4. Entspannungstechniken & Gedankenstopp

Praktiken wie Meditation, Atemübungen oder Progressive Muskelentspannung können dazu beitragen, Stress abzubauen und einen ruhigen Geist vor dem Schlafengehen zu fördern. Kreisen die Gedanken dennoch um den morgigen Tag oder um andere Probleme, kann es hilfreich sein diese einmal aufzuschreiben und sich vorzunehmen, sich am nächsten Tag darum zu kümmern. Am Abend bereits einen Plan für den nächsten Tag zu machen und zu schauen, was alles ansteht, kann den Druck nehmen, in der Ruhephase weiter darüber nachdenken zu müssen.

5. Ernährung und Schlaf

Achte auf eine ausgewogene Ernährung und vermeide schwere und fettreiche Mahlzeiten kurz vor dem Schlafengehen, da der Körper mehr arbeiten muss, um diese zu verdauen. Eine eiweißreiche und kohlenhydratarme Mahlzeit kann zu einem erholsameren Schlaf beitragen. Auch sollte nicht zu kurz vor dem Schlafengehen gegessen werden. Eine gute Zeit für ein Abendessen ist ca. 2-3 Stunden vorher – allerdings solltest du auch nicht hungrig zu Bett gehen.
Vorsicht bei Alkohol, Kaffee und koffeinhaltigen Softdrinks am Abend. Sie können einen erholsamen Schlaf beeinträchtigen.

6. Die Macht der (Einschlaf-)Routine

Warum nur eine Morgenroutine haben? Wer Probleme beim Einschlafen hat, kann es ebenso mit einer entspannenden Abendroutine versuchen, um den Körper auf den Schlaf vorzubereiten. Dies kann ein beruhigender Tee vor dem Schlafengehen sein, eine Entspannungsübung oder sanftes Dehnen. Warmes Licht im Schlafzimmer, dazu das Lesen eines Buches, das Hören beruhigender Musik oder das Durchführen von sanften Dehnübungen kann für ein entspanntes Einschlafen sorgen.

notion image
 
Lavendel-Schlafmilch 500 ml Hafer- oder Mandeldrink
1 TL getrocknete Lavendelblüten
1 Prise Zimt
1 Prise Muskatnuss
½ Vanilleschote
Süße nach Bedarf (Honig oder Ahornsirup)
Zubereitung für 2 Tassen
  1. Milch unter Rühren in einem Topf erwärmen. Lavendelblüten, Zimt und Muskatnuss hinzugeben. Die halbe Vanilleschote längs halbieren und Vanillemark mit einem Messer herauskratzen und in den Topf geben. Die Milch ca. 5 Minuten bei geringer Hitze ziehen lassen.
  1. Abschließend mit etwas Honig vermischen. Mit einem Stabmixer aufschäumen. Die Lavendel-Schlafmilch in zwei Gläser füllen und achtsam genießen.

7. Vor dem Schlafen gehen elektronische Geräte vermeiden

Auch wenn es weh tut: Blaues Licht von Bildschirmen kann den Schlaf beeinträchtigen. Laptop, Smartphone und andere elektronischen Geräte gehören nicht ins Schlafzimmer und sollten mindestens 30 Minuten vor dem Schlafen gehen nicht mehr verwendet werden. Zum einen erschwert die ständige Erreichbarkeit und das konditionierte Scrollen die Entspannung, zum anderen hemmt der hohe Blaulichtanteil in den Displays, die Produktion des Schlafhormons Melatonin im Gehirn. Das Smartphone als Wecker neben dem Bett sollte als Störquelle nicht unterschätzt werden - auch wenn es sich im Schlafmodus befindet.
💡
Mein persönlicher Tipp: Smartphone-freie-Zone im Schlafzimmer einrichten und mindestens eine Stunde vor dem Schlafen gehen keine elektronischen Geräte mehr zu nutzen, lieber auf einen analogen Wecker umsteigen.
Schlafstörungen sind bei MS eine Herausforderung, aber mit einer Kombination aus gesunden Lebensgewohnheiten, Anpassungen im Alltag und gegebenenfalls professioneller Unterstützung können Menschen mit MS eine bessere Nachtruhe erreichen. Experimentiere mit den vorgeschlagenen Strategien, um herauszufinden, welche am besten zu dir passt, und denke daran, dass jeder kleine Fortschritt ein Schritt in Richtung eines erholsameren Schlafs ist.
 
notion image
von Julia Bierenfeld
 
Quellen: