Psyche & Diagnose: Bewältigung und Selbsthilfe bei Multipler Sklerose

Veröffentlicht
Nov 13, 2023
Die Diagnose Multiple Sklerose (MS) kann eine große Herausforderung sein und Auswirkungen auf die Psyche haben. Dabei ist es wichtig zu verstehen, was bei der Diagnose mit der Psyche passiert und welche Möglichkeiten es gibt, um mit dieser Belastung umzugehen. In diesem Artikel werden wir uns mit diesen Themen auseinandersetzen und möchten dir Tipps geben, wie du trotz MS deine mentale Gesundheit stärken kannst.

Psychische Belastung durch die Diagnose MS

Bei der Diagnosestellung einer chronischen Erkrankung wie der MS kann es zu einer psychischen Belastung kommen: Die Unsicherheit über die Zukunft, Ängste und Sorgen können sich manifestieren und zu einer erhöhten Stressbelastung führen. In der Psychologie gibt es das sogenannte Stressmodell, bei dem du dir ein Glas vorstellen kannst, das unterschiedlich viel Wasser aufnehmen kann. Je nachdem wie groß das Fassungsvermögen dieses Glases ist, können verschiedene Stressoren - wie zum Beispiel eine Krankheitsdiagnose - dazu führen, dass das Glas überläuft und psychische Belastungen entstehen.

Abhilfe durch Coping-Strategien

Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass jeder Mensch ein individuelles Stressfassungsvermögen hat. Dieses wird durch genetische Faktoren, die Umwelt und die persönliche Geschichte geprägt. Es gibt jedoch Möglichkeiten, diese Belastungen zu bewältigen und das Glas nicht überlaufen zu lassen. Dabei wird zwischen funktionalen und dysfunktionalen Coping-Strategien (oder Bewältigungsstrategien) unterschieden:
  1. Eine funktionale Coping-Strategie kann sein, sich mit anderen Menschen auszutauschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Der Austausch von Ängsten und Sorgen kann helfen, diese zu relativieren und neue Perspektiven zu gewinnen. Dysfunktionale Strategien wie exzessiver Alkoholkonsum oder Drogenmissbrauch sollten unbedingt vermieden werden.
  1. Eine weitere funktionale Coping-Strategie ist es, sich seiner eigenen Ressourcen bewusst zu werden und diese zu nutzen. Das kann zum Beispiel bedeuten, sich regelmäßig Pausen zu gönnen, soziale Kontakte zu pflegen oder Hobbys nachzugehen. Indem du diese Ressourcen aktivierst und in den Alltag integrierst, kann du deine psychische Gesundheit stärken und somit besser mit Stress umgehen.
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Um die eigenen Ressourcen besser zu erkennen, kannst du eine kleine Übung machen: Nimm einen Zettel zur Hand und überlege, welche Aktivitäten dir in den letzten 30 Tagen geholfen haben, besser mit der Diagnose umzugehen. Durch die Reflektion des Alltags können Ressourcen erkannt und gezielter in den Alltag integriert werden. Wichtig ist jedoch, sich nicht zu sehr in die Suche nach Coping-Strategien zu verlieren und sich auch bewusst Pausen von diesem Thema zu gönnen.
  1. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Eine Psychotherapie kann dabei unterstützen, belastende Gedanken und Ängste zu bearbeiten und neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Eine solche Therapie sollte in Betracht gezogen werden, wenn die belastenden Symptome, wie beispielsweise depressive Verstimmungen, über einen längeren Zeitraum anhalten und das alltägliche Leben stark beeinträchtigen.

Das Wasserglas nicht überlaufen lassen

Wir fassen zusammen: Es gibt viele Möglichkeiten, die psychische Gesundheit zu stärken und mit der Belastung einer MS-Diagnose umzugehen. Eine Strategie kann sein, sich bewusst mit den eigenen Ressourcen auseinanderzusetzen und diese gezielt einzusetzen. Der Austausch mit anderen MS-Patient*innen kann ebenfalls hilfreich sein, um Ängste und Sorgen zu teilen und neue Perspektiven zu gewinnen. Sollte die psychische Belastung jedoch über einen längeren Zeitraum anhalten, ist es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine Psychotherapie kann dabei unterstützen, neue Coping-Strategien zu entwickeln und die mentale Gesundheit zu stärken. Mehr zum Thema Stressbewältigung im Alltag liest du hier: Die Verbindung zwischen Stress und MS: Bewältigungsstrategien für den Alltag”.
Wenn du das Gefühl hast, dass dein Wasserglas bereits überzulaufen droht und du Unterstützung brauchst, zögere nicht, dir Hilfe zu suchen. aMStart bietet kostenlose Gespräche mit geschulten Gesprächspartner*innen an, die selbst MS haben und dich bei deinen Sorgen und Ängsten unterstützen können. Es gibt zudem Selbsthilfegruppen und andere Anlaufstellen, die Unterstützung bieten.
In Momenten akuter psychischer Krisen hast du mehrere Möglichkeiten, Hilfe zu bekommen:
  • Vereinbare einen Termin mit deiner Ärztin oder rufe sie direkt an. Eine weitere Option ist der Kontakt zu einer Klinik mit psychiatrischer Abteilung.
  • Der ärztliche Bereitschaftsdienst steht ebenfalls zur Verfügung und kann unter der bundesweiten Telefonnummer 116 117 erreicht werden.
  • Darüber hinaus gibt es spezielle Angebote für akute Krisensituationen, wie die Telefonseelsorge (0800 - 1110111 oder 0800 - 1110222) für anonyme und kostenlose Beratung rund um die Uhr.
  • Das Kinder- und Jugendtelefon "Nummer gegen Kummer" bietet ebenfalls kostenlose Beratung von Montag bis Freitag zwischen 15:00 und 19:00 Uhr unter der Nummer 0800 - 111 0 333.
  • Beachte bitte jedoch, dass psychologische Beratungsstellen und ähnliche Einrichtungen nicht rund um die Uhr verfügbar sind und möglicherweise Terminvereinbarungen erfordern. Alternativ kannst du in dringenden Fällen der Rettungsdienst über die Notrufnummer 112 oder die Polizei erreichen.
Du bist nicht allein mit dieser Belastung und es gibt Möglichkeiten, um mit der MS-Diagnose umzugehen und ein erfülltes Leben zu führen. Wir sind mit die aMStart! 💛
 
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von Miriam Olszok
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Hör-Tipp! 🎧 Mehr zum Thema erfährst du in unserer Podcast-Folge Mentale Gesundheit und Psychotherapie bei Multiple Sklerose” mit der Psychologin Nicole Anna Dietzel.