Multiple Sklerose geheim halten?!

Veröffentlicht
Dec 20, 2023

Soll man die Krankheit offenlegen oder lieber für sich behalten? Dieser Artikel zeigt individuelle Gründe für Geheimhaltung auf und erzählt die Geschichte von Nele, die ihre Ängste überwand - und zum Beruf machte.

Die Diagnose Multiple Sklerose (MS) ist für viele Personen ein einschneidendes Erlebnis, das nicht nur den Körper, sondern auch das soziale Umfeld betrifft. Besonders junge Personen, die die Diagnose MS erhalten, stehen vor der Frage: "Soll ich meinem Umfeld von meiner MS-Diagnose erzählen?"
Hinter dieser Frage verbergen sich Sorgen, Ängste und Unsicherheiten. Für viele MS-Erkrankte ist diese Frage belastend und es kann befreiend sein, eine Antwort darauf zu finden. Wie auch immer diese ausfällt. Wichtig ist, dass sich jede erkrankte Person wohl mit ihrem eigenen Umgang mit MS fühlt. Dieser Beitrag soll Dich ermutigen, Deinen eigenen Weg mit der MS zu finden. Zudem bekommst Du einen Einblick, wie Nele, eine junge Frau mit MS, ihre Ängste zum Beruf gemacht hat.

Gründe für die Geheimhaltung der MS-Diagnose

Die Ängste, weshalb eine Person ihre MS-Diagnose geheim halten möchte, sind individuell. Einige der häufigsten Gründe sind:
  1. Stigmatisierung: Personen mit MS befürchten, aufgrund ihrer Diagnose stigmatisiert oder diskriminiert zu werden. Dieses Stigma kann auf Missverständnissen und Stereotypen über die MS-Erkrankung beruhen und ihre persönlichen und beruflichen Beziehungen beeinflussen.
  1. Sorge um den Arbeitsplatz: Einige Personen mit MS haben Angst, dass die Offenlegung der Diagnose gegenüber dem*der Arbeitgeber*in zu Nachteilen am Arbeitsplatz oder sogar zum Verlust des Arbeitsplatzes führen könnte. Sie fürchten. dass der*die Arbeitgeber*in sie als nicht in der Lage sieht, ihre Aufgaben zu erfüllen.
  1. Soziale Isolation: Häufig besteht die Sorge, dass Freund*innen und Familie sie anders behandeln oder sich von ihnen distanzieren könnten, wenn sie von der MS-Diagnose erfahren. Dies kann zu einem Gefühl der sozialen Isolation und Unverständnis führen.
  1. Vermeiden von Mitleid: Personen mit MS möchten möglicherweise nicht mit Mitleid, übertriebener Fürsorge oder Vorsicht von anderen behandelt werden. Sie könnten sich also dafür entscheiden, ihre Diagnose geheim zu halten, um solche Reaktionen zu vermeiden.

Wie Nele ihre MS annahm und mitteilte

Nele, die seit 2004 mit MS lebt, kennt diese Ängste. Als bei ihr MS diagnostiziert wurde, erzählte sie ihrer Familie und ihren Freunden von der Diagnose und ihren MS-Symptomen. Doch nach einigen Jahren hörte sie auf, darüber zu sprechen, weil sie das Gefühl hatte, "in Watte gepackt" zu werden. Sie beschloss, ihrer Familie nichts mehr über die MS-Symptome und Auswirkungen der Multiplen Sklerose zu erzählen. Vor ihrem Arbeitgeber verschwieg sie die Krankheit von Anfang an.
Heute studiert Nele Multiple Sklerose Management, ist Podcasterin, MS-Bloggerin und Referentin. Im aMOhr-Podcast erzählt Nele, wie sie es geschafft hat, ihre Diagnose Multiple Sklerose zu akzeptieren und die Diagnose und ihre MS-Symptome (wieder) nach Außen zu kommunizieren. In der Podcast-Episode erfahren wir, wie sie mit ihrer Diagnose umgegangen ist und warum sie heute anderen Personen mit MS hilft.
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Die gesamte Podcast-Folge mit Nele kannst Du Dir auf Google Podcast (link) , Apple Podcast (link), Spotify (link), YouTube (link) und Deezer (link) anhören!
Viele Personen, insbesondere junge Erwachsene mit MS, haben das Bedürfnis, ihre MS-Diagnose für sich zu behalten. Ist es seitens des*der Arbeitgeber*in überhaupt erlaubt, mit MS zu arbeiten? Diese Frage schwirrt in manchen Köpfen von Personen mit MS herum.
Auch Nele wollte nicht, dass die chronische Erkrankung Multiple Sklerose ihr persönliches und berufliches Leben beeinflusst. Sie machte sich vor allem Sorgen, wie Kolleg*innen und Arbeitgeber*innen reagieren würden und fühlte sich in ihrem beruflichen Umfeld ohnehin schon durch andere Faktoren benachteiligt.
Als sie jedoch schwanger wurde, stand sie vor der Entscheidung, entweder ihr Kind anzulügen oder ihrem Kind die Wahrheit über ihre MS zu sagen und es dazu zwingen, die Krankheit geheim zu halten: Beides kam für Nele nicht in Frage. Sie entschied sich, offen mit ihrer Krankheit und den MS-Symptomen umzugehen. Diese Entscheidung war für Nele ein Wendepunkt. Sie begann einen Podcast über MS zu machen und engagierte sich aktiv, um anderen Personen mit MS zu helfen.
Nele hat die Herausforderung Multiple Sklerose zu ihrem Beruf gemacht: Mit ihrem Podcast "MS-Perspektive - der Multiple Sklerose Podcast" klärt sie andere MS-Erkrankte auf und ermutigt sie, ein aktives Leben mit MS zu führen. Ihre Mission ist es, Personen, die mit der Diagnose MS konfrontiert werden, dabei zu helfen, ihre Krankheit zu akzeptieren und so gut wie möglich damit umzugehen. Sie möchte die Erkrankten ermutigen, ihr Leben weiterhin positiv zu gestalten und sich nicht von der Krankheit einschränken zu lassen.

Über MS informieren und ein Leben mit MS aktiv mitgestalten

Der Austausch mit Nele zeigt, dass es möglich ist, die Diagnose MS anzunehmen und nach außen zu kommunizieren. Wie bereits erwähnt, geht jede Person anders mit Multiple Sklerose um. Es kann jedoch hilfreich sein, sich im ersten Schritt über die chronische Erkrankung, ihre Symptome, den MS-Verlauf und die Behandlungsmöglichkeiten von MS zu informieren.
Heutzutage gibt es viele Quellen, die über MS informieren: Bücher, Podcasts und Blogs können wertvolle Informationen liefern und dabei helfen, ein Verständnis für die Erkrankung Multiple Sklerose zu entwickeln. Zudem kann Aufklärung dabei helfen, Entscheidungen darüber zu treffen, wie eine Person, bei der MS diagnostiziert wurde, nach außen kommuniziert.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Netzwerk. Ein Netzwerk, in dem ein Austausch zwischen Personen mit MS stattfindet, kann Dir dabei helfen, einen guten Umgang mit MS zu finden.
Hilfreich kann es auch sein, wenn sich ein*e Angehörige*r über den MS-Verlauf, über MS-Symptome und Behandlungsmöglichkeiten der MS auseinandersetzt. Dies kann dazu beitragen, dass die Angst vor Stigmatisierung und Vorurteilen bei MS verringert wird, da sich Angehörige bereits Wissen über die MS-Erkrankung angeeignet haben.
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Wurde bei Dir Multiple Sklerose diagnostiziert und Du suchst Rat, Informationen und eine Person, die Dich versteht? Dann kannst Du HIER ein digitales und kostenloses 1:1-Gespräch vereinbaren. In einem sicheren und geschützten Rahmen kannst Du über Deine Probleme, Gedanken oder Ängste sprechen. Wenn Du möchtest, erzählt Dir Dein*e Gesprächspartner*in von seinen*ihren Erfahrungen, Strategien und Tipps. Unsere Vision von aMStart ist es, dass die Diagnose MS nicht mehr mit Angst und Einschränkungen verbunden wird, sondern man trotz einer chronischen Erkrankung ein erfülltes Leben führen kann - und dass niemand alleine ist.
Eine MS-Diagnose anzunehmen ist ein großer Schritt. Jede Person verarbeitet die Diagnose auf die eigene Art und Weise. Es ist wichtig, sich Zeit zu nehmen, um die Diagnose zu verstehen und die eigenen Gefühle zu verarbeiten. Es ist auch förderlich, sich Unterstützung zu holen, sei es durch Freunde, Familie oder professionelle Therapeuten.
Nele hat ihre MS-Diagnose zum Anlass genommen, um ihre Erfahrungen weiterzugeben und anderen Betroffenen Mut zu machen. Die Entscheidung, anderen von Deiner MS-Diagnose zu erzählen, liegt ganz bei Dir. Ein offener Austausch kann jedoch helfen, Unterstützung und Verständnis zu finden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Diagnose mitzuteilen. Manche Personen ziehen es vor, nur mit ihren engsten Freunden und Familienmitgliedern darüber zu sprechen, während andere ihre MS-Diagnose und ihren MS-Verlauf auch der Öffentlichkeit mitteilen möchten.
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Mehr zum Umgang mit der Diagnose Multiple Sklerose liest du in diesem Artikel: “Leben mit MS: Die 5 wichtigsten Dinge, die du nach deiner Diagnose tun kannst
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von Alexandra Leyer