Vom Labyrinth zu innerer Stärke: Mein Leben mit MS

Veröffentlicht
Nov 13, 2023

Die Zeit stand still

Als ich im Sommer 2017 die Diagnose Multiple Sklerose (MS) erhielt, blieb für mich im ersten Moment die Zeit stehen und ich fand mich in einem Labyrinth aus Unsicherheit und Ängsten wieder. Doch heute, nachdem ich viele Höhen und Tiefen durchlebt habe, kann ich mit Dankbarkeit und auch Stolz sagen, dass ich glücklich mit MS lebe. Diese Krankheit hat mir nicht nur gezeigt, wie stark ich wirklich bin, sondern auch, wie viel Schönheit mein Leben bereithält.

Der Tag, der alles veränderte

Die Diagnose kam wie ein Schlag. Ich fühlte mich, als ob mir der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Alle beruflichen Pläne, Träume und Hoffnungen schienen in einem Augenblick zunichte gemacht und eingemottet. Doch die MS hat mir auch die Gelegenheit gegeben, mich selbst auf eine Weise kennenzulernen, die ich nie für möglich gehalten hätte.

Wellen der Emotionen

Zunächst waren die emotionalen Auswirkungen der Diagnose überwältigend: Angst, Wut, Traurigkeit – all diese Gefühle überrollten mich in wiederkehrenden Wellen. Ich wusste, dass ich etwas tun musste und konnte, um nicht in diesen Wellen unterzugehen, sondern meine Selbstwirksamkeit zurückzuerlangen. Also begann ich, passende Bewältigungsstrategien für mich zu finden:
  1. Akzeptanz
  1. Selbstfürsorge
  1. Sport
  1. Gemeinschaft und Unterstützung
  1. Wissensschatz aufbauen

1. Die Kraft der Akzeptanz

Eine der ersten Lektionen, die ich von der MS gelernt habe, ist die Bedeutung von Akzeptanz. Ich habe gelernt, die Realität anzuerkennen und mich nicht gegen sie zu wehren, weil das „Nicht wahrhaben wollen“ die Zeit meines Leidens nicht beenden, sondern im Gegenteil verlängern würde. Das bedeutete nicht, aufzugeben, sondern vielmehr, sich den Tatsachen zu stellen und zu akzeptieren, dass sich mein Leben verändert hatte. Das war der erste Schritt auf meinem Weg zur inneren Stärke.

2. Selbstfürsorge als Schlüssel

Selbstfürsorge und innere Ausgeglichenheit rückten ebenfalls in den Fokus. Obwohl die MS mein Leben in vielerlei Hinsicht beeinflusste, weigerte ich mich, sie mein Glück und meine Lebensfreude kontrollieren zu lassen. Ein wichtiger Schritt war, mich reflektiert von Menschen und Umgebungen zu verabschieden, die mir nicht guttaten – und das tat ich. Zusätzlich erlernte ich Techniken zur Stressbewältigung, darunter Meditation und Achtsamkeitsübungen, die mir halfen, nicht in der Sorge um die Zukunft stecken zu bleiben.
Mir wurde bewusst, wie wichtig es ist, auf meinen Körper zu hören und ihm die Pflege und Erholung zu geben, die er braucht. Das schließt eine ausgewogene gesunde Ernährung, ausreichenden Schlaf und körperliche Aktivität ein. Ebenso bedeutend ist die Fähigkeit, mir selbst zu vergeben, wenn ich mich mal schlecht fühle oder Symptome stärker auftreten. Diese Selbstfürsorge hat mir geholfen, mitfühlender mit mir selbst und meinen Grenzen umzugehen.

3. Bewegte Lebensfreude

Sport und Bewegung sind weitere wichtige Unterstützer im Umgang mit meiner MS. Sie schenken mir Freude, Stärke und ein Gefühl der Leichtigkeit. Regelmäßige körperliche Aktivität hat nicht nur meine körperliche Gesundheit verbessert, sondern auch meine mentale Stärke gesteigert. Sport ermöglicht mir kleine Erfolge auf meinem Weg und ermutigt mich, niemals aufzugeben. Er erinnert mich daran, dass ich trotz meiner MS die Kontrolle über meinen Körper behalte.

4. Die Kraft der Gemeinschaft

Schon immer lag es mir am Herzen, dass es den Lebewesen in meiner Umgebung gut geht, sei es Mensch, Tier oder Pflanze. Ich zögere nicht, meine Hilfe anzubieten. Paradoxerweise fiel es mir nach der Diagnose jedoch schwer, selbst um Hilfe zu bitten. Durch die Auseinandersetzung mit der MS lernte ich schließlich Schritt für Schritt, aktiv die Unterstützung von Freunden, Familie und professionellen Angeboten zu suchen. Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, meine eigenen Bedürfnisse auszudrücken, doch ich erkannte bald, dass die Menschen in meiner Umgebung nicht nur bereit waren, mir beizustehen, sondern viele sich sogar darüber freuten, mir helfen zu dürfen. Diese Erfahrung machte mir klar, wie essenziell soziale Unterstützung in schwierigen Zeiten ist und dass sie jedem zusteht.

5. Wissen ist Macht

Sich über die eigene Erkrankung zu informieren, ist entscheidend. Wissen über die Krankheit und aktuelle Therapieoptionen ermöglichen mir ein besseres Selbstmanagement, informierte Entscheidungen und erhöht meine Autonomie in Bezug auf die MS. Deshalb habe ich mich nach der Diagnose intensiv über MS informiert und bleibe seitdem auf dem aktuellen Stand der Forschung. Wissen versetzt mich in die Lage, aktiv Entscheidungen zu treffen, die zu mir und meinem Alltag passen.

6. Ein Leben voller Dankbarkeit und Entschlossenheit

Heute, Jahre nach meiner Diagnose, lebe ich ein erfülltes und glückliches Leben. Die MS begleitet mich weiterhin und sie hat mir auch gezeigt, wie stark ich bin – auch wenn ich mich mal schwach fühle – und wie viel Freude ich in meinem Leben finden kann. Ich lache, liebe und lebe jeden Tag mit Dankbarkeit und Entschlossenheit.

Meine Botschaft der Hoffnung an dich

Wenn du gerade frisch die Diagnose MS erhalten hast, lass mich dir versichern, du bist stärker, als du dir vorstellen kannst. Ja, die MS mag dein Leben verändert haben, aber sie definiert nicht deine Identität. Du hast die Fähigkeit, trotz dieser Erkrankung ein glückliches und erfülltes Leben zu führen.
Du kannst aktiv nach Unterstützung suchen und diese Hilfe vollumfänglich annehmen. Auf diesem Weg musst du nicht alleine gehen, denn es gibt Menschen in deinem Umfeld, die bereit sind, dir beizustehen. Erinnere dich immer daran, dass das Leben trotz der Herausforderungen, die dir die MS stellen mag, weitergeht. Es gibt noch so viele unentdeckte Wege, Erfahrungen und Freuden, die auf dich warten. Lass dich nicht von dieser Diagnose entmutigen, denn du bist stärker, als du denkst, und vor allem bist du nicht allein.
 
notion image
von Julia Hautz